Das Kaninchen lebt, wie jedes andere Lebewesen, nicht von dem was es frisst, sonder von dem, was es verdaut. Eine richtige Fütterung speziell auch die Bedürfnisse und anatomischen Besonderheiten des Kaninchens zugeschnitten ist Voraussetzung für vitale, kräftige Tiere und einen gesunden Nachwuchs.
Das Kaninchen gehört zu den Tieren mit einhöhligem Magen. Durch das große Volumen des Magen-Darm-Kanals kann es große Futtermengen aufnehmen. Insbesondere der Blinddarm ist sehr stark ausgebildet. Auf ihn entfallen etwa 40 % des gesamten Fassungsvermögens der Verdauungsorgane.
Ähnlich den Wiederkäuern benötigt das Kaninchen für eine geregelte Verdauung einen gewissen Anteil an Struktur (Rohfaser) in der Nahrung. Zum Aufschluss der Rohfaser bedient sich das Kaninchen der Bakterien des Blinddarms. Diese haben eine ähnliche Funktion wie die Pansenbakterien beim Wiederkäuer. Der Blinddarm dient dem Kaninchen als Gärkammer.
Eine Besonderheit im Futteraufnahmeverhalten ist die Angewohnheit des Kaninchens einen Teil seines eigenen Kotes wieder zu verzehren. Der aufgenommene Kot unterscheidet sich vom normalen Kot durch seine weichere Konsistenz. Als ein Grund für die Wiederaufnahme des Weichkotes kann dieser Anreicherung mit B-Vitaminen angesehen werden.
Ein weiterer Grund für die Blinddarmkotaufnahme ist das weitgehende Fehlen von Muskulatur im Kaninchenmagen: Der Weitertransport der Nahrung kann nur durch neu aufgenommene Futterstoffe erfolgen. Daher nimmt das Kaninchen seine tägliche Futtermenge in 70 bis 80 Einzelportionen auf.
In Zeiten ohne Nahrungsanfall hat der Blinddarmkot für den Weitertransport des Futters zu sorgen. Der Weichkot wird direkt vom After aufgenommen, so dass auch die Haltung auf Rosten die Koprophagie oder Coecotrophie (=Wiederaufnahme des Blinddarmkotes) nicht behindert.
Ein weiterer Vorteil der Koprophagie ist in der doppelten Darmpassage zu sehen, die einen besseren Aufschluss der Nährstoffe und damit eine günstigere Ausnutzung ermöglicht. Außerdem kann das im Weichkot enthaltene hochwertige Bakterienportein genutzt werden.
Das Kaninchen verfügt über einen relativ großen Magen, der etwa 35 % des Aufnahmevermögens des gesamten Verdauungsapparates ausmacht. Dadurch kann es täglich bis zu 60 % seines eigenen Körpergewichtes an Grünfutter aufnehmen. Der verhältnismäßig große Magen erlaubt dem Kaninchen einen geringeren Nährstoffgehalt im Futter durch eine entsprechend großere Futtermenge auszugleichen.
Hinzu kommt, dass schlecht verdauliche Futtermittel den Darm relativ schnell passieren und so Platz machen für eine erneute Futteraufnahme.
Bei der Vorverdauung im Dünndarm entstehen aus dem Nahrungsbrei größere und kleinere Partikel, die dort relativ schnell von den Bakterien vergoren werden können. Zudem erzeugen die Bakterien im Blinddarm ein Enzym (Zellulase), das die Verdaulichkeit der Rohfaser verbessert. Größere und damit schlechter durch die Bakterien verwertbare Nahrungspartikel gelangen direkt in den Dickdarm, wo sie zu den bekannten Hartkotballen geformt werden. Diese enthalten den unverdaulichen Teil der aufgenommenen Nahrung.
Bereits 3 bis 4 Stunden nach der Nahrungsaufnahme können die ersten unverdaulichen Anteile des Futters wieder ausgeschieden werden. Die in den Blinddarm gelangten kleineren Nahrungspartikel verbleiben dort für etwa 12 Stunden. Vorwiegend in den Abendstunden gelangt dieser Blinddarminhalt, der hauptsächlich aus Bakterien, Eiweißen und aufgenommenen Nahrungsmittel besteht, in den Dickdarm und wird von dort zum After weitertransportiert, von wo er direkt von dem Kaninchen wieder aufgenommen wird.
Mit steigendem Rohfasergehalt einer Futterration erhöht sich die Aufnahme des Weichkotes. wird dagegen auf die Ernährung des Kaninchens genau abgestimmtes Mischfutter in ausreichender Menge verabreicht, wird weniger Weichkot wieder aufgenommen, da der Nahrungsbedarf des Kaninchens durch das Fertigfutter abgedeckt ist. Durch die Wiederaufnahme des Weichkotes können Wildkaninchen Zeiten von Futter- oder Wassermangel überstehen.